Gustav Mahler (1860-1911) und Anton Bruckner (1824-1896) waren zwei zutiefst unterschiedliche Menschen, deren Lebenswege sich mehrmals kreuzten. Der eine wurde als Dirigent und Operndirektor weltberühmt, der andere eher in seiner Heimat als Genie gefeiert. Beide haben ihre Mühe gehabt, sich zu Lebzeiten als Komponisten zu behaupten.
Als Student am Konservatorium hat der junge Gustav Mahler den verehrten Meister kennengelernt, doch nahm er nie bei ihm Kompositionsunterricht. Dennoch wissen wir aus unterschiedlichen Quellen, dass die beiden freundschaftlich verbunden waren. Diese Verbundenheit trat offen zutage, als Bruckner Mahler mit der Anfertigung der Klavierfassung seiner Dritten Symphonie betraute; diese im Jahr 1880 erschienene Partitur war die erste Veröffentlichung, die Mahlers Namen trug. In späteren Jahren trat Mahler mehrmals mit Bruckners Werken als Dirigent auf. In einem Brief von 1892 schreibt Mahler mit Begeisterung an seinen „hochverehrten Freund“ von seiner triumphalen Aufführung des „herrlichen und gewaltigen Tedeum“.
Wie dann erklären wir Mahlers Bezeichnung von Bruckners Vierter Symphonie als „Musikfetzen und ärgste Absurdität […] von allerdings oft göttlichen „Einfällen“ und Themen unterbrochen“?! Ähnlich hat er sich über Bruckners Neunte geäußert. Umso rätselhafter ist die Ablehnung, wenn eindeutige Annährungen an Bruckner in Mahlers eigenen Werken zu hören sind.
Im Bruckner-Jahr 2024 feierten wir den 200. Geburtstag des Oberösterreichers mit einem Festival, das mit Konzerten und Präsentationen diesen Persönlichkeiten, ihren Kompositionen sowie dem Paradoxon einer zwiespältigen Beziehung gewidmet war.
VORPROGRAMM
Schwimmender Künstler Salon
Es war eine außergewöhnliche Reise auf dem Klimt-Mahler Schiff als exklusive Einstimmung auf das Gustav Mahler Festival 2024 und auf die Aufführung der Zweiten Symphonie. Die zweistündige Schiffsrundfahrt bot atemberaubende Impressionen von einer inspirierenden Landschaft, die einst Gustav Mahler und Friedrich Gulda kreativ beflügelte und die auch Anton Bruckner als Sommerdomizil diente. An Board führte die Kapitänin der Attersee Schifffahrt, Kom. Rat. Mag Doris Cuturi-Stern kurzweilige Gespräche mit hochkarätigen Gästen und führenden Musik-Experten.
Schwimmender Künstlersalon - Fotos © Mathias Lauringer
Vorbild Richard Wagner
Richard Wagner war die prägende musikalische Persönlichkeit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, auch für Anton Bruckner und Gustav Mahler. Dr. Morten Solvik präsentierte gemeinsam mit Benjamin M. Korstvedt das große Vorbild und seine Wirkung auf beide Komponisten anhand von Briefen, Bildern und Musikbeispielen.
Vorbild Richard Wagner - Fotos © Gustav Mahler Festival
Festliche Eröffnung
Das Wetter meinte es noch gut bei der Eröffnung des 8. Gustav Mahler Festivals Steinbach und der jährlichen Sonderausstellung im Komponierhäuschen direkt am Attersee. Eröffnet wurde das Festival von Christian Utz, Präsident der Internationalen Gustav Mahler Gesellschaft Wien. Die musikalische Umrahmung gestalteten
die Geschwister Theresa & Anna Aigner.
Eröffnung - Fotos © Viktoria Hofauer Fotografie
KIRCHENKONZERT
Bruckner, Mahler & Schoenberg
Chor- und Orgelmusik
Eine Weltpremiere erwartete die Besucher zu Beginn eines beeindruckenden Abends in der ausverkauften Stadtpfarrkirche von Bad Ischl, als Prof. Martin Haselböck eine unveröffentlichte Fuge von Anton Bruckner spielte, welche von Matthias Giesen als Teil der Anton Bruckner Urtext Gesamtausgabe veröffentlicht wird. Bruckners A Cappella Chorwerke, grandios präsentiert vom Chorus sine nomine, unter der Leitung von Johannes Hiemetsberger boten tiefe Einblicke in das Wesen des Komponisten, in seine innere Welt und in seine zutiefst religiöse Besinnung. Es folgte eine Orgelimprovisation von Prof. Martin Haselböck aus dem Zyklus Lieder eines fahrenden Gesellen sowie Gustav Mahlers Lieder "Urlicht", "Die zwei blauen Augen" und "Ich bin der Welt abhanden gekommen". Es folgten Arnold Schönbergs "Variations on a Recitative", Op. 40 sowie "Friede auf Erden" Op. 13. Mit Bruckners "Abendzauber (WAB 57) einem außergewöhnlichen Werk aus dem Jahre 1878 wurde erlebte dieser einmalige Abend einen fulminanten Ausklang.
Kirchenkonzert in Bad Ischl- Fotos © Gustav Mahler Festival
PRÄSENTATION
Mahler & Bruckner: Zwei Lebenswege
Gustav Mahler und Anton Bruckner begegneten sich mehrmals ab Mahlers Studienzeit am Wiener Konservatorium. Die Präsentation von Benjamin Korstvedt beleuchtete diese komplexe Beziehung zwischen Bewunderung und Unverständnis mit Anekdoten, Zitaten und historischen Daten.
Präsentation Mahler & Bruckner - Fotos © Gustav Mahler Festival
LIEDER UND KAMMERMUSIK
Bruckner und das Wiener Konservatorium
Soloistinnen des 1. Frauen-Kammerorchesters von Österreich gemeinsam mit
Studierenden der Anton Bruckner Privatuniversität verzauberten das Publikum im neuen Saal des Hotel Föttinger mit von Johannes Volker Schmidt ausgesuchten Werken der Konservatoriumszeit von Anton Bruckner, Hans Rott, Rudolf Krzyzanowski, Mathilde Kralik von Meyrswalden, Hugo Wolf und Gustav Mahler.
Lieder und Kammermusik im Hotel Föttinger - Fotos © Viktoria Hofauer Fotografie
NATURERLEBNIS
Bruckner auf der Wiese
Wetterbedingt boten die Pfarrkirche St. Andreas von Steinbach am Attersee sowie das Naturparkzentrum beim Gemeindeamt von Steinbach am Attersee trockene Ausweichquartiere für das einzigarte Naturerlebnis "Bruckner auf der Wiese", präsentiert vom Naturpark Attersee-Traunsee.
Von wilden Blumen und ihrem Wesen, von Pusteblumen und Augentrost, von Gräsern und ihrem Duft, von Blumensprache und Scababkorb. Gar viel erzählen uns die Blumen auf der Wiese. Und bist du selbst wie eine Blume, so hold so schön so rein, trat man ein ins Wiesenreich und hörte Brucknersche Anekdoten in Mahlerischer Landschaft.
Präsentiert vom Naturpark Attersee-Traunsee. Da es sich bei dieser Veranstaltung um ein Outdoor-Event handelt, kann es bei besonders schlechten Wetterverhältnissen zu Änderungen beim Programm kommen.
Naturerlebnis Bruckner auf der Wiese - Fotos © Gustav Mahler Festival
ALLES SCHON WEGKOMPONIERT
Orchesterkonzert mit Chor
Gustav Mahler: Symphonie Nr. 2
F. Gulda: Cellokonzert "Eine Liebeserklärung ans Salzkammergut"
Philharmonie Salzburg
Dirigentin: Elisabeth Fuchs
Cello: Emilian Schmid
Sopransolo: Ursula Langmayr
Altsolo: Christa Ratzenböck
Chor der Philharmonie Salzburg
Die adaptierte Steinbach Halle bot über 1000 Besuchern ein einzigartiges Konzert und absolutes Highlight im Rahmen des Gustav Mahler Festivals 2024.
GUSTAV MAHLER Symphonie 2 & GULDA Cellokonzert - Philharmonie Salzburg, Steinbach am Attersee Fotos © Mathias Lauringer - courtesy Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl Salzkammergut 2024 und Gemeinde Steinbach
Die Rezeptionsgeschichte von Gustav Mahlers Werken ist voller Anmerkungen zu dessen anscheinend obsessiver Auseinandersetzung mit dem Tod. Und in der Tat: Viele der Lieder und die meisten der Symphonien nehmen das Thema der Sterblichkeit auf, sei es durch einen Text, durch programmatische Hinweise oder durch rein musikalische Andeutungen. Was steckt hinter diesem Aspekt seines Schaffens? Was sagt er über seine Persönlichkeit aus, was über das Wesen seiner Kompositionen?
In einer Bemerkung zu seiner Zweiten Symphonie gibt Mahler selbst eine Erklärung ab:
Zugleich ist es die große Frage: Warum hast du gelebt? Warum hast du gelitten? Ist das alles nur ein großer furchtbarer Spaß? Wir müssen diese Fragen auf irgendeine Weise lösen, wenn wir weiterleben sollen – ja sogar, wenn wir nur weiter sterben sollen! In wessen Leben dieser Ruf einmal ertönt ist, der muss eine Antwort geben.
Mahler wurde diese „großen Frage“ niemals los. Ein Leben lang kämpfte er um den Sinn des Lebens im Angesicht des Leidens und des Sterbens, fühlte sich, mit anderen Worten, gezwungen, „eine Antwort“ zu geben. Weit entfernt von einer Todessehnsucht, wie manche behaupten, war es Mahlers Ziel, der Menschheit Trost und Zuversicht durch die mystische Kraft der Musik zu vermitteln.
Anhand von Präsentationen, Konzerten, einer Diskussionsrunde und einer Wanderung erforschen wir diesen zentralen Aspekt von Gustav Mahler, als Mensch und als Komponist.
Gustav Mahler loved vacationing at Lake Attersee and resided in the summer months from 1893 to 1896 at the Gasthof zum Höllengebirge in the village of Steinbach am Attersee.
The stunning area worked wonders on Mahler's creativity: over the course of four summers he completed the Second Symphony, a half dozen songs, and the entire Third Symphony in his specially built composing hut.
The Gustav Mahler Festival in Steinbach am Attersee is a multi-day celebration that usually takes place around the composer's birthday on July 7th.
Musical gems as well as cultural and historical insights into the area around this historic place are presented every year.
The program deliberately offers enough time for everyone involved to exchange ideas and enjoy the unique natural setting in order to be able to celebrate Mahler's inspiration in all its facets.
Important works by Gustav Mahler were composed in this small hut on the lake shore of Hotel Föttinger. In 1985, the composing hut was renovated true to its original form by the International Gustav Mahler Society and the Föttinger family, and in 2016 the permanent exhibition was renewed with scholarly and creative support from the International Gustav Mahler Society. Inside you will also find the annual special exhibit of the Steinbach Gustav Mahler Festival. More about the composing hut...
1900-1907
Completion of 4th, 5th-8th Symphony
Rückert Songs
Songs on the Death of Children
1893-1896
Completion of 2nd Symphony
3rd Symphony
Numerous Wunderhorn Songs
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